Der Bundesverband des Deutschen Lebensmittelhandels e.V. (BVL)

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Einzelhandel zur Positionierung aufgefordert

Auch das Jahr 2011 bietet wieder eine breite Vielfalt an Themen – besonders für den Einzelhandel. Sowohl auf europäischer wie auch auf nationaler Ebene ist der Gesetzgeber aktiv und fordert die Branche zur Positionierung heraus.

Aber was bedeutet das konkret für den Handel – an welchen Fronten ist der geschlossene Einsatz der Branche gefordert? Ein Ausblick auf fünf Themenfelder zeigt nur die Spitze des Eisbergs:

Internetportal darf kein Pranger werden! 

Das vom Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (BMELV) für das Frühjahr 2011 geplante, mit Steuergeldern finanzierte und von den Verbraucherzentralen umgesetzte Internetportal im Rahmen der Initiative „Klarheit und Wahrheit bei der Kennzeichnung von Lebensmitteln“ darf nach Auffassung der Lebensmittelwirtschaft nicht zum öffentlichen Pranger für die Branche werden. Was auf den ersten Blick vielleicht nach einer guten Möglichkeit der offenen Kommunikation aussieht, birgt deutliche Risiken. So sollen Produkte öffentlich kritisiert werden dürfen, obwohl ihre Aufmachung und ihr Inhalt rechtskonform sind. Doch eine „gefühlte Täuschung“ darf nicht auf dem Rücken der Hersteller diskutiert werden. Um dies zu verhindern, müssen vor der Realisierung des Portals ganz klare Regeln formuliert werden, die auch die berechtigten Interessen der Unternehmen angemessen schützen.

Kennzeichnung angemessen ausgestalten

Die Frage der künftigen Ausgestaltung der Lebensmittelkennzeichnung beschäftigt die Branche nun schon im vierten Jahr! Besonders die Nährwertkennzeichnung war ein in 2010 stark umstrittenes Thema: Ampel – ja oder nein? Dass sich eine wie auch immer geartete farbliche Kennzeichnung nicht durchsetzen konnte, verbucht der HDE klar als Erfolg. Dabei wird es auch bleiben, wenn das Verfahren nun weiter geht. Und wie geht es weiter? Wenn der von den Mitgliedstaaten Ende 2010 gefundene Konsens als offizieller Gemeinsamer Standpunkt angenommen wurde, folgt die Zweite Lesung. Eine Verabschiedung des Verfahrens ist daher noch in diesem Jahr möglich. Wo liegen jetzt die Knackpunkte? Für den Handel ist es wichtig, dass die neuen Kennzeichnungsregelungen objektiv, ausgewogen und machbar sind. Der HDE wendet sich daher auch im weiteren Gesetzgebungsverfahren insbesondere gegen überzogene Anforderungen zur Herkunftskennzeichnung und fordert eine klare Regelung der Stufenverantwortung.

Dreiecksverhältnis Handel, Industrie, Verbraucher bleibt TOP-Thema

Das Dreiecksverhältnis Handel, Industrie, Verbraucher bleibt ein Topthema. Die Diskussion um die vermeintliche Nachfragemacht des Handels geht 2011 in eine neue Runde. Der große Pauschalvorwurf eines übermächtigen Handels tritt vor dem Hintergrund gewaltiger Konzentrationsprozesse auf Industrieseite als weitgehend entkräftet in den Hintergrund. Den politischen Diskurs in Berlin und Brüssel bestimmen nun Diskussionen über regulatorische Eingriffe wie Verhaltenskodices, Standard-Lieferverträge, Preisüberwachungssysteme oder die Auswirkungen von Handelsmarken. Die Einmischung des Staates in die Wertschöpfungskette lehnt der HDE grundsätzlich ab, sie schadet am Ende nicht nur den Unternehmen und dem Konsum, sondern auch den Volkswirtschaften. In diesem Zusammenhang bewerten wir die Handelsgesetze in einigen osteuropäischen Ländern oder die ungarische Krisensteuer als besonders kritisch. Entgegen EU-vertraglichen Regelungen sollen auf diese Weise gezielt multinationale Unternehmen aus dem Markt gedrängt werden. Diesem Trend werden wir uns mit allen Mittel entgegenstemmen.

Diskussionen rund um den Verbraucherschutz

Ob und wie sollen die Rechte der Verbraucher z.B. bezüglich des Umtauschs eines Produkts künftig EU-weit einheitlich ausgestaltet werden? Eine spannende Frage, auf die bisher eine klare Antwort fehlt: Die Kommission war ursprünglich dafür. Die Mitgliedstaaten sind dagegen. Das Parlament ist unentschlossen. Im Europäischen Parlament steht nun eine Abstimmung im Binnenmarktausschuss an; zur Debatte stehen über 1500 Änderungsanträge. Während es möglich scheint, für einzelne Bereiche, wie Definitionen, Informationspflichten und Widerruf, eine EU-weite Vereinheitlichung zu erreichen, ist dies u.a. für das Gewährleistungsrecht nach wie vor sehr umstritten. Der Handel setzt sich von Beginn der Debatte für eine gezielte Vollharmonisierung der wichtigsten Schlüsselbereiche auf einem angemessenen Niveau ein, um die bestehende rechtliche Zersplitterung in der EU abzuschaffen. Eine Verschärfung der bestehenden Mindeststandards, die eine strengere Umsetzung auf nationaler Ebene erlaubt, wird hingegen strikt abgelehnt. Dann sollte es lieber beim Status quo bleiben.

Nachhaltigkeitsinitiative des Einzelhandels

Das 2009 gestartete Umweltaktionsprogramm des europäischen Einzelhandels (Retail Environmental Action Programme – REAP) trug 2010 Früchte und wird 2011 fortgesetzt. Das Aktionsprogramm wird von über 20 Handelsunternehmen und Verbänden getragen. Es besteht erstens aus einer Reihe von unternehmensindividuellen Selbstverpflichtungen, zweitens aus einem im Juni 2010 veröffentlichten Verhaltenskodex, sowie drittens aus dem seit 2009 laufenden Europäischen Einzelhandelsforum für Nachhaltigkeit, in dem die wichtigsten den Handel betreffenden Umweltproblemstellungen und Verbesserungsmöglichkeiten mit Politik und Stakeholdern diskutiert werden. Ein im Juni 2010 vorgelegter Jahresbericht zeigt erste große Fortschritte. 2011 wird der Fokus auf den Themen Kennzeichnung, Verpackungsoptimierung und Abfallminimierung, nachhaltiger Fischfang sowie Verkehr liegen.

HDE und BVL – ein starkes Team

HDE und BVL rücken auch vor dem Hintergrund der Themenfülle in Sachen Lebensmittelarbeit enger zusammen. Ziel der künftigen gemeinsamen Ausrichtung ist die Stärkung der Lebensmittelfacharbeit insgesamt. Dafür baut der BVL mit der hauptamtlichen Besetzung der Hauptgeschäftsführung sowie der Bereiche Kommunikation und Lebensmittelrecht seine Geschäftsstelle in Berlin aus. Der Verband wird in enger Verzahnung mit dem HDE, den HDE-Fachausschüssen und Gremien operieren.

Durch die Facharbeit, die der BVL künftig verstärkt und Seite an Seite mit dem HDE leistet, werden die beiden Verbände gemeinsam die Interessen ihrer Mitglieder noch zielgenauer wahrnehmen können. Das gilt in Deutschland aber auch für die europäische Ebene. Der HDE ist der Ansprechpartner in Brüssel. Zwischen den Büros wird es jedoch eine enge Zusammenarbeit und Abstimmung untereinander geben. Der HDE gewährleistet eine themenübergreifende Interessenvertretung auch auf den weiteren Politikfeldern, die den Lebensmittelhandel tangieren, wie etwa der Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik. Doppelarbeiten sowie Parallelstrukturen werden vermieden und ein einheitlicher Auftritt mit gemeinsamen Positionen verfolgt.

HDE und BVL freuen sich auf die Zusammenarbeit und die gemeinsame Bewältigung der Herausforderungen im Jahr 2011!