Diätregal vor dem Aus?
Kennzeichnungen, wie „für Diabetiker geeignet“ oder „zur besonderen Ernährung bei Diabetes Mellitus im Rahmen eines Diätplans geeignet“, werden danach zukünftig von den Produkten verschwinden. Ist damit das Ende der speziellen Regale für Diabetiker erreicht?
Grund für die Änderungen sind neue wissenschaftliche Erkenntnisse, die nach Aussagen des Bundesinstituts für Risikobewertung die bisherige Kennzeichnung überflüssig machen. Früher war es allgemeine Auffassung, dass Glucose, Saccharose und Maltose für Zuckerkranke nicht geeignet sind, und Produkte, die andere Süßmittel, wie zum Beispiel Fructose enthielten, konnten dann entsprechend als Diabetikerprodukte gekennzeichnet werden.
Neue wissenschaftliche Erkenntnisse
Inzwischen hat sich die Meinung der Wissenschaft geändert und heute gelten für Diabetiker die gleichen Empfehlungen, die auch allgemein im Rahmen einer ausgewogenen Ernährung Anwendung finden. Die speziellen Kennzeichnungen werden dadurch überflüssig. Für die Umsetzung der neuen Verordnung gilt eine Übergangsfrist von zwei Jahren, maximal dürfen die Produkte bis zum Erreichen des MHD geführt werden.
Ob damit das Aus für die Diabetikerregale im Handel besiegelt ist, bleibt allerdings zunächst offen. Zwar empfiehlt der Diätverband die Beibehaltung der Diabetikerregale, auch über die Übergansfristen hinaus, im Handel scheint es dazu noch keine einheitliche Meinung zu geben. Der Gesamtumsatz mit diätischen Lebensmitteln wird zwischen 300 und 500 Mio. Euro pro Jahr geschätzt, ist aber – sicher auch wegen der neuen Erkenntnisse der Ernährungswissenschaftler – seit Jahren rückläufig.
Viele Kennzeichnungen weiterhin erlaubt
Wichtig bei der Entscheidungsfindung ist sicherlich, dass eine Reihe von Kennzeichnungen auch zukünftig erlaubt sein werden. Kennzeichnungen, wie „ohne Zucker“, „fettfrei“ oder „energiereduziert“, dürfen weiterhin verwendet werden und könnten durchaus Grundlage für die Weiterführung der Diabetikerregale sein.
Hinzu kommt, dass die allgemeine Nährwertkennzeichnung, die zukünftig europaweit zum Einsatz kommen wird, auch wichtige Informationen liefert, die zu einer speziellen Platzierung von Produkten in einem Diätregal führen könnten.
Die Möglichkeit der Weiterführung der Diätregale ist also gegeben. Dennoch fragen sich viele, ob vor dem Hintergrund rückläufiger Umsätze in diesem Bereich nicht besser andere Konzepte greifen sollten.
Neue Regale für Allergiker
So wird zum Beispiel überlegt, ob die Umwandlung des Diätregals in Regale mit speziellen Produkten für Allergiker nicht sinnvoller ist, als die modifizierte Fortführung der bisherigen Konzepte. Immerhin leiden in Deutschland nach Schätzungen etwa drei Prozent der Bevölkerung an Allergien und Lebensmittelunverträglichkeiten, Tendenz steigend.
Im Gegensatz zu den Diabetikern, die heute durchaus Wahlmöglichkeiten beim Einkauf ihrer Lebensmittel haben, gibt es für Menschen mit Unverträglichkeiten diesen Entscheidungsspielraum nicht. Glutenunverträglichkeit verpflichtet zum Kauf glutenfreier Produkte und zu laktosefreien Produkten gibt es bei Laktoseintoleranz auch keine Alternative.
England als Vorbild
In England haben die Händler schon seit vielen Jahren spezielle Regale für Allergiker eingerichtet, allen voran Tesco mit seinen „free from“ Abteilungen. Dies Beispiel könnte bald auch hierzulande Schule machen. Der BVL hat in Zusammenarbeit mit dem HDE und dem Deutschen Allergie- und Asthmabund (DAAB) bereits für die Bedienungstheken einen umfassenden Praxisratgeber in Sachen Allergeninformation herausgegeben. Die starke Resonanz auf dieses Projekt zeigt, dass der Handel hier wirklich intensiv daran arbeitet, seine Informationen weiter zu verbessern.
Auch in den Geschäften lässt sich schon beobachten, dass einige Händler Produkte für Allergiker in speziellen Bereichen platzieren, oft an den Gondelköpfen, oder diese zumindest auf den Regaletiketten oder mit speziellen Regalstoppern besonders hervorheben. Die Erfahrungen damit sind nach Auskunft der Händler durchaus unterschiedlich. Während einige von einer enormen Wirkung auf die Kundenbindung berichten, sind andere von den getätigten Umsätzen dieser Produkte eher enttäuscht.
Letztlich ist die Frage der speziellen Platzierung von besonderen Produktgruppen ohnehin eine strategische Frage. Während einige Unternehmer die Sonderplatzierung strikt ablehnen, und stets die glutenfreien Nudeln bei den normalen Nudeln und die Sojamilch bei der Milch platzieren, gibt es ebenso Verfechter der Spezialabteilungen für Bio, glutenfrei & Co. Die Erfahrung mit den Bio-Produkten hat zwar gezeigt, dass spezielle Bio-Regale heute weitgehend verschwunden sind, aber nach wie vor gibt es Händler, die ihre Bio-Platzierung auch zukünftig beibehalten wollen. Am Ende dürfte also auch hier gelten: Probieren ist besser als studieren.