MineralölVO – Handel drohen Hemmnisse
Das BMEL hatte der Wirtschaft die „Zweiundzwanzigste Verordnung zur Änderung der Bedarfsgegenständeverordnung“ (kurz: Mineralölverordnung) mit Stand vom 24. Juli 2014 übermittelt, zu dem der Handel am 17. September Stellung nahm.
Handel bereits seit Jahren engagiert
Der Handel stellt in seiner Stellungnahme klar, dass er die Ziele des Vorschlages, den Verbraucher vor möglichen Gesundheitsgefahren zu schützen, grundsätzlich unterstützt und sich bereits seit Jahren für eine Unterbindung kritischer Übergänge von Mineralölbestandteilen auf Lebensmittel engagiert. So haben die Unternehmen gemeinsam mit ihren Zulieferketten bereits viel geleistet und die Belastungssituation im jeweiligen Einflussbereich erkennbar entschärft. Weitere Anstrengungen zur Erforschung der Situation, Identifizierung möglicher Verpackungsalternativen sowie Entlastung der Altpapierkreisläufe von unerwünschten Stoffen sind jedoch notwendig.
Minimierungsansatz weiterverfolgen
Jedoch bestehen mit Blick auf den rein national ausgerichteten Regelungsvorschlag handelsseitig weiterhin gravierende Bedenken. Der vorgelegte Ansatz kommt einer Insellösung gleich mit der Folge von massiven Handelshemmnissen und Wettbewerbsverzerrungen für die international agierenden Handelsunternehmen. Stattdessen sollte die Situation mit wirksamen freiwilligen Konzepten und Empfehlungen in Richtung eines Minimierungsansatzes weiter entschärft werden.
Sofern die Schaffung einer Regelung als zwingend angesehen wird, sollte diese im Rahmen des EU-Rechts - gestützt auf die Verordnung (EG) Nr. 1935/2004 - erfolgen. Mit Blick auf die Neubesetzung der EU-Kommission und die Hinweise zur Auswertung der „Roadmap“ erscheint der Zeitpunkt hierzu günstig.
Regelung auf EU-Ebene anstreben
Unabhängig von dieser grundsätzlichen Einschätzung wird es jedoch vom Handel bei konkreter Betrachtung der Detailvorschläge begrüßt, dass nun eine eindeutige Trennung der Regelungsbereiche vorgenommen wurde, was zum einen die möglichen Einträge aus Verpackungsmaterialien und andererseits die potenzielle Verunreinigung von Lebensmitteln aus anderen Quellen betrifft. Auf diese Weise wäre künftig die Eignung von Verpackungsmaterial aus Papier und Pappe mit Anteilen von Altpapierstoffen - hinsichtlich des Gehalts an Mineralölrückständen - im Vorfeld spezifizierbar. Alternativ wäre es durch geeignete Maßnahmen, wie Sperrschichten oder Temperaturführung (z. B. Tiefkühlware), möglich, im Rahmen der festgelegten Migrationshöchstmengen auch Altpapierstoffe zu verwenden, die die Höchstmenge für den Gehalt an Mineralölrückständen nicht einhalten.
Höchstmengen auf MOAH beziehen
Hingegen kann des Handel nicht nachvollziehen, warum jetzt wieder Höchstmengen für gesättigte Mineralölkohlenwasserstoffe (MOSH) Einzug in die Regelung gehalten haben, ohne dass dies begründet wird. Handelsseitig wird weiter der Ansatz unterstützt, die Regelungen zum Übergang von Mineralölkohlenwasserstoffen auf aromatische Mineralölkohlenwasserstoffe (MOAH) abzustellen. Da durch den Ansatz zu MOAH mittelbar auch der Übergang von MOSH begrenzt wird, wird dieser Ansatz als nachvollziehbar und als mit deutlich geringerem Aufwand umsetzbar eingestuft.
In diesem Zusammenhang möchte der Handel zudem festhalten, dass es - international betrachtet - deutlich unterschiedliche Aussagen über die mögliche Gefährlichkeit und die Höchstmengen zur Aufnahme von MOSH gibt (Vergleich: Stellungnahme der britischen FSA). Auch wird durch den neuen Ansatz die Analytik deutlich erschwert, wenn Kartons mit PE/PP beschichtet werden und dann analytisch eine Trennung zwischen MOSH und den sogenannten POSH (polyolefin oligomeric saturated hydrocarbons) erfolgen muss. Im Ergebnis fordert daher der Handel, die Höchstmengen wieder einzig auf MOAH abzustellen.
Erhebliche Dokumentationslasten drohen
Auf völliges Unverständnis beim Handel stößt der neu hinzugekommene Ansatz, wonach spezifische Unterlagen oder „eine andere die Konformität belegende Begründung“ vom Inverkehrbringer zu erstellen und auf Verlangen der zuständigen Behörde vorzulegen sind. Was die nationale Lieferkette betrifft, wären hier aus Handelssicht allenfalls die Hersteller von Bedarfsgegenständen bzw. fertigen Verpackungen in die Pflicht zu nehmen, den Nachweis der Eignung zu erbringen. Auf dieser Ebene werden die entsprechenden Unterlagen erstellt und könnten auch hier vorgehalten werden.
Betrachtet man jedoch den Regelungsansatz aus dem Blickwinkel internationaler Lieferketten, geraten mit der Begrifflichkeit des „Inverkehrbringers“ auch die Handelshäuser umfassend in den Anwendungsbereich des Vorschlages. So führen die Unternehmen in erheblichem Umfang auch Lebensmittelbedarfsgegenstände aus EU-Mitgliedsländern und auch Drittländern in ihrem Sortiment. Mit Blick auf den nationalen Regelungsansatz wird der Handel dann quasi zum „Importeur“ und damit Inverkehrbringer derartiger Ware in den nationalen Markt.
Lieferverhältnisse würden massiv belastet
Massive Bedenken resultieren zudem aus dem Umstand, dass es sich bei den geforderten Unterlagen um sogenannte „Supporting Documents“ handelt, die üblicherweise beim Hersteller des Lebensmittelbedarfsgegenstandes verbleiben und nur auf Verlangen den Behörden zugänglich gemacht werden müssen. Nach unserer Einschätzung hätte der Einzelhandel als „Importeur“ von Lebensmittelbedarfsgegenständen hier gar nicht die rechtliche Handhabe, entsprechende Unterlagen einzufordern und verfügbar zu halten.
Ähnlich verhält sich die Situation beim Alternativansatz, „eine andere die Konformität belegende Begründung“ beim Lieferanten einzuholen und vorhalten zu müssen. Die Einforderung einer Begründung stellt ebenfalls ein deutliches Hemmnis für ein potenzielles Lieferverhältnis dar. Zudem bestehen offene Fragen, wie die Begründung im Detail auszugestalten ist.
Wettbewerb würde gravierend verzerrt
Eine derartige Pflicht zur Einforderung entsprechender Unterlagen oder Begründungen würde die Unternehmen in ihrem freien Warenverkehr im EU-Binnenmarkt und mit Drittländern erheblich einschränken und im Wettbewerb mit anderen europäischen Mitbewerbern massiv benachteiligen. Angebotene Waren im hart umkämpften internationalen Markt könnten dann in nicht unerheblichem Umfang an Mitbewerber aus anderen EU-Mitgliedsländern gehen, die keine derartigen zusätzlichen Dokumente einfordern und dadurch einen deutlichen Vorteil in der Beschaffung gewinnen.
Vor dem Hintergrund sehen wir es als dringend notwendig an, den Passus komplett wieder zu streichen, da ein derartiger Ansatz mit Blick auf den freien Warenverkehr im EU-Binnenmarkt sowie internationalen Handel mit Drittländern handelsseitig als nicht umsetzbar eingestuft wird.