Der Bundesverband des Deutschen Lebensmittelhandels e.V. (BVL)

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Konjunktur verliert Fahrt, Lebensmittelhandel bleibt stabil

In einem schwieriger werdenden konjunkturellen Umfeld zeigt sich der deutsche Lebensmittelhandel stabil. Eine geringe Inflation, Einkommenssteigerungen und höhere Konsum-ausgaben für Güter des täglichen Bedarfs sorgen für ein leichtes Umsatzplus.

Die Unternehmen des deutschen Lebensmitteleinzelhandels haben im ersten Halbjahr 2019 Waren im Wert von 108,2 Milliarden Euro verkauft. Damit sind die Einnahmen im Vergleich zum ersten Halbjahr 2018 nominal um 1,5 % gestiegen. Auf Basis des bisherigen durchschnittli­chen Wachstums rechnet der Bundesverband des Deutschen Lebens­mittelhandels (BVLH) für die ersten drei Quartale 2019 mit einem Um­satz von 162,9 Milliarden Euro. Das ist ein Plus von 2,1 Prozent im Vergleich zum entsprechenden Vorjahreszeitraum. Für das Kalenderjahr erwartet der BVLH einen Gesamterlös der Branche von 221,6 Milliarden Euro (+ 2,2 %). Berechnungsgrundlage sind die aktuellen Daten des Statistischen Bundesamtes zur Umsatzstatistik im Einzelhandel.

Umsatzplus bei Drogerien und Supermärkten am stärksten
Drogerien und Supermärkte konnten ihren Umsatz im ersten Halbjahr 2019 am stärksten erhöhen. Laut den von der Gesellschaft für Konsum-forschung (GfK) ermittelten Veränderungsraten lag das Plus von Januar bis Juni im Vergleich zum Vorjahreszeitraum bei 2,8 Prozent bezie­hungsweise 2,3 Prozent. Die Umsatzentwicklung im Discount lag mit plus 0,1 Prozent etwas über dem Vorjahresniveau. SB-Warenhäuser verzeichneten einen Umsatzrückgang von 0,4 Prozent.

Laut GfK-Analysedaten haben folgende Kategorien im ersten Halbjahr 2019 besonders hohe Umsatzzuwächse erzielt: Pflanzliche Brotaufstri­che (+16%), Getreideflocken (+ 14 %), Fleischersatzprodukte (+ 14 %) und Müsliriegel (+ 11 %). Diese zweistelligen Umsatzsprünge unter-mauern die langjährigen Beobachtungen der Marktforschung, dass die Verbraucher weiterhin verstärkt zu Produkten greifen, die im Zusam­menhang mit einem ausgewogenen und nachhaltigen Lebensstil stehen.

Konsumausgaben-Entwicklung positiv, Aussichten aber unsicher
Die Umsatz- und Sortimentsentwicklung im Lebensmitteleinzelhandel wird vor allem durch die aktuell gute binnenkonjunkturelle Situation in Deutschland getragen. Eine ihrer wichtigsten Stützen ist nach wie vor der private Konsum. Verantwortlich dafür sind die weiterhin steigenden Einkommen und die damit einhergehende Zunahme der privaten Kon­sumausgaben. Laut Statistischem Bundesamt haben sie sich kalender- und saisonbereinigt im ersten Quartal 2019 gegenüber dem Vorjahres­zeitraum um drei Prozent auf über 429 Mrd. Euro erhöht. Die Ausgaben für Nahrungsmittel, Getränke und Tabakwaren stiegen im selben Zeit­raum sogar um 3,7 Prozent auf etwas mehr als 60 Mrd. Euro.

Es mehren sich jedoch die Zeichen, die eine Fortschreibung dieser Ent­wicklung beeinträchtigen könnten. Denn die gesamtwirtschaftliche Lage in Deutschland trübt sich ein. Führende Wirtschaftsforschungsinstitute senken ihre Konjunkturprognosen, das Geschäftsklima verschlechtert sich, die Auftragseingänge bei der deutschen Industrie gehen zurück und die Dynamik des Beschäftigungszuwachses verliert an Fahrt. Diese Entwicklung spüren auch die Verbraucher.

Sowohl die GfK als auch der HDE messen in ihren aktuellen Konsum­klimastudien sinkende Konjunkturerwartungen für die Gesamtwirtschaft. Die Anschaffungsneigung und die Einkommenserwartung ist bei den Verbrauchern aber weiterhin stabil. Damit wäre eine wichtige Vorausset­zung dafür erfüllt, dass die Binnennachfrage ihrer Funktion als wichtige Stütze der gegenwärtig schwächelnden Konjunktur nachkommen kann. Dabei können stabile Preise helfen.

Lebensmittelpreise bremsen Inflation
Ein Blick auf die Verbraucherpreisentwicklung von Januar bis Juli 2019 macht deutlich, dass die Lebensmittelpreissteigerung in diesem Zeit­raum unterhalb der Inflationsrate blieb. Betrug die Gesamt-Teuerung im Vergleich zum Vorjahreszeitraum 1,6 Prozent, stiegen die Preise für Nahrungsmittel und alkoholfreie Getränke nur um 0,9 Prozent. Ohne Getränke blieb der Preisanstiegt für Nahrungsmittel mit 1,1 Prozent ebenfalls unter der allgemeinen Verbraucherpreisinflation.

Kaum Bewegung gab es bei den Preisen im stationären Lebensmittel-einzelhandel, also ohne Facheinzelhandel und Marktverkauf. Von Januar bis Juli 2019 stiegen hier die Preise lediglich um 0,4 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum.

Die Verbraucherpreise in einzelnen Lebensmittelsortimenten entwickel­ten sich im ersten Halbjahr 2019 teils deutlich unterschiedlich. Im Ver­gleich zum Vorjahreszeitraum wurden von Januar bis Juli dieses Jahres teurer: Brot und Brötchen (2,7%), Schweinefleisch (1,4%), Joghurt (0,7%) oder Gemüse (6,3%). Einen der größten Preissprünge gab es bei Kartoffeln. Sie verteuerten sich um 30 Prozent. Ursache für die hohe Veränderungsrate waren vor allem die niedrigen Verbraucherpreise im ersten Quartal 2018. Demgegenüber stehen stark steigende Kartoffel­preise seit April dieses Jahres.

Vor allem für Butter (- 4,1%), Vollmilch (- 2,8%), Eier (- 2,1%) oder Käse und Quark (- 0,4%) mussten die Verbraucher in diesem Jahr bisher weniger tief in die Tasche greifen, als noch im selben Zeitraum 2018. Das galt vor allem für frisches Obst. Hier fiel der Preisrückgang im Vergleich zu anderen Grundnahrungsmitteln mit 8,2 Prozent relativ stark aus.

Lebensmittelpreise folgen Marktgesetzen
An den Preisbewegungen bei frischem Obst und Gemüse sowie bei Molkereiprodukten zeigt sich erneut, wie eng die Lebensmittelpreise mit den Gesetzen des Marktes verknüpft sind.

Frischeprodukte wie Obst und Gemüse unterliegen mitunter erheblichen Ernteschwankungen, da die Produktionsbedingungen aufgrund von Witterungseinflüssen nicht vollständig kontrollierbar sind. Daraus resul­tieren unterschiedliche Erntemengen. Bleibt die Nachfrage aber weitge­hend stabil, schwanken die Preise. Ähnlich verhält es sich bei den Mol­kereiprodukten. Die hohe Schwankungsbreite der Milcherzeugerpreise, aber auch der Verbraucherpreise in den zurückliegenden fünf Jahren zeigt ihre große Abhängigkeit von den Preisbewegungen der internatio­nalen Milchproduktpreise.