Der Bundesverband des Deutschen Lebensmittelhandels e.V. (BVL)

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Containern nicht straffrei stellen

Handelsverband Lebensmittel: Zur Entsorgung bestimmte Nahrungsmittel aus Abfalltonnen zu fischen, ist kein wirksamer Beitrag zur Reduzierung von Lebensmittelverschwendung

Der Handelsverband Lebensmittel (BVLH) spricht sich gegen Änderungen bei der strafrechtlichen Verfolgung des so genannten Containerns aus. Das geltende Strafrecht und Strafprozessrecht halten bereits ausreichend Instrumente vor, um allen denkbaren Fallkonstellationen im Einzelfall Rechnung zu tragen. Auf dieser Basis ist heute schon eine hinreichend differenzierte Verfolgung und Rechtsprechung in Strafsachen möglich, die das Containern von Lebensmitteln betreffen.

Ob strafrechtlich verfolgt oder nicht: Containern ist kein wirksamer Beitrag zur Reduzierung von Lebensmittelverschwendung. Im Handel fallen lediglich sieben Prozent der in Deutschland entstehenden Lebensmittelverluste an. Das sind 0,8 Millionen Tonnen. 59 Prozent entstehen in privaten Haushalten. Das sind circa 6,5 Millionen Tonnen jährlich. Maßnahmen, die auf dieser Ebene ansetzen, hätten somit das größte Potenzial, Lebensmittelverschwendung spürbar einzudämmen.

Auf die Idee, dafür die Erlaubnis zu erteilen, private Abfalltonnen für Mülltaucher freizugeben, kommt verständlicher Weise niemand. Ebenso unverständlich ist es daher auch, die Entnahme von zur Entsorgung bestimmten Lebensmitteln aus den Abfalltonnen des Lebensmittelhandels unter bestimmten Voraussetzungen straffrei zustellen.

Darüber hinaus sollte jegliche Form des Containerns schon aus Gründen des vorbeugenden Verbraucherschutzes verboten sein. Lebensmittel werden im Handel in der Regel zu Abfall, wenn sie nicht mehr verkehrsfähig sind. Das ist unter anderem der Fall, wenn sie ihre spezifischen Eigenschaften eingebüßt haben oder ihr Verzehr nicht mehr als sicher bzw. gesundheitlich unbedenklich gelten kann. Das betrifft beispielsweise Produkte, die den Hygienevorschriften nicht mehr genügen oder aus Warenrückrufen stammen, weil sie mit Fremdkörpern wie Glas- oder Metallsplitter verunreinigt sein können. Gerade solche Gefahren sieht man den Produkten nicht an.

Verkehrsfähige Lebensmittel, die Händler nicht mehr verkaufen können, werden in der Regel an gemeinnützige Organisationen wie die Tafeln gespendet. Damit unterstützt der Handel das Ziel, Menschen zu versorgen, die auf die Hilfe der Gesellschaft angewiesen sind.

Wenn Staat und Politik wirksam Lebensmittelverschwendung reduzieren wollen, sollten Lebensmittelunternehmen und gemeinnützige Organisationen dabei unterstützt werden, mehr verzehrfähige Lebensmittel zu spenden und an Bedürftige zu verteilen. Dafür müssen karitative Einrichtungen gezielt finanziell gefördert werden. Außerdem sollten dafür Anpassungen im Lebensmittel- und gegebenenfalls im Steuerecht vorgenommen werden.

Zum Hintergrund:
Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir und Bundesjustizminister Marco Buschmann haben sich für eine Anpassung der Verwaltungsvorschriften zum Verfahrensrecht ausgesprochen. Sie unterstützen damit den Vorschlag des Bundeslandes Hamburg, der eine Änderung der Richtlinien für das Strafverfahren und das Bußgeldverfahren (RiStBV) vorsieht. Demnach sollen Verfahren wegen Diebstahls weggeworfener Lebensmitteln aus Abfallcontainern regelmäßig eingestellt werden, wenn dabei keine Sachbeschädigung oder kein Hausfriedensbruch begangen wurde.